Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
„Reich ist man nicht durch das was man besitzt, sondern durch das, was man mit Würde zu entbehren weiß“, wusste bereits der griechische Philosoph Epikur 270 Jahre vor Christus. Genau dies ist das Motto der FWG bei den Haushaltsberatungen 2023 gewesen, die leider unter mehreren ungünstigen Sternen standen.
Neben der Unsicherheit bei den Einnahmen im kommenden Jahr, wäre da zum einen ein nicht ausgeglichener Haushalt im ordentlichen Ergebnis mit immerhin rund 900 Tausend Euro minus, der lediglich durch die Zuführung der HLG von 1,1 Mio. ausgeglichen wird. Daneben haben wir jedoch auch eine weitere Kreditaufnahme von rund 2,3 Mio. Euro.
Schaut man sich die Position Verschuldung einmal genauer an und geht etwas weiter in die Vergangenheit, so stellt man sehr schnell fest, dass bis Ende 2008 die Gemeinde praktisch schuldenfrei war, da den damaligen Krediten Rücklagen in gleicher Höhe gegenüberstanden. Schaut man nur in den vorliegenden Haushalt, stellt man fest, dass innerhalb der letzten 10 Jahre die Verschuldung von rund 2,2 Mio. auf 8,9 Mio. in 2023 steigen soll. Die Rücklage entspricht nur noch einer kleinen Zahl hinter dem Komma und wäre bereits aufgebraucht, wenn man im vorliegenden Haushalt manche Position nachgeschärft hätte.
Halten wir fest: Ende 2023 wird Liederbach Schulden in Höhe von 8,9 Mio. haben. Bei knapp 9000 Einwohnern also fast 1.000,- Euro pro Einwohner, vom Baby bis zum Greis. Genau darauf hatte ich übrigens voriges Jahr in meiner Haushaltsrede hingewiesen.
Nun könnte man sagen, alles toll, der Ergebnishaushalt ist doch leicht im Plus. Schaut man sich die Zahlen jedoch genau an, sieht man, dass dieses Plus nur dadurch kommt, dass rund 1,1 Mio. von der HLG für das Baugebiet Quartier Mixte überwiesen werden. Dieses Geld wäre theoretisch dafür da, um die Infrastruktur, die dieses Neubaugebiet mit sich bringt zu finanzieren. An erster Stelle würde mir hier der neue Kindergarten einfallen, der zumindest zum Teil von Bewohnern des Neubaugebietes gefüllt werden wird.
Im Haushalt stehen bislang lediglich 1,65 Mio. Euro für den neuen Kindergarten. Die Bürgermeisterin sprach von zu erwartenden Kosten in Höhe von 4,3 Mio. Euro. Schaut man in umliegende Kommunen dürfte aufgrund der Baukostensteigerung am Bau der Betrag von 6,5 Mio. wohl eher zutreffend sein. Somit fehlen hier bei der Finanzierung noch weitere knapp 5 Mio. Euro. Wo sollen diese 5 Mio. herkommen? Wieder weitere neue Kredite?
Hinzu kommen noch in naher Zukunft die Wünsche und Notwendigkeiten für einen Umbau und Anbau der Feuerwehr. Von rund 3,5 Mio. war hier die Rede. Ebenfalls Geld was derzeit nicht vorhanden ist. Finanziert auch wieder durch neue Kredite?
Alleine diese beiden Summen würden unsere Kreditsumme verdoppeln, sofern wir nicht plötzlich irgendwoher einen Geldregen erhalten. Dann stünden wir bei 17-18 Mio. Krediten.
Das ist der Grund, weswegen wir in den Haushaltsberatungen der letzten Jahre und auch diesmal wieder nur Einsparanträge eingereicht haben. Wie wissen, dass dies nicht populär ist. Populär wäre es, Dinge zu fordern, die den Bürgern zu Gute kommen. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Eigentlich wäre es die Aufgabe der Bürgermeisterin und der sie tragenden Koalition diese Einsparungen zu beantragen, um auch langfristig handlungsfähig zu sein. Davon haben wir in den Haushaltsberatungen leider nichts gemerkt und leider wurden viele unserer Einsparanträge abgelehnt. Und dies waren keine Einsparanträge, wie sie in anderen Kommunen zu hören sind, nach dem Motto: spare bei Sach- und Dienstleistungen pauschal 1 Mio. Euro. Nein, wir haben ganz genau geschaut, wo Gelder einzusparen sind, ohne dass die Qualität darunter leiden muss.
2 Beispiele: Im Haushaltsentwurf der Bürgermeisterin stehenrund 75.000 Euro für einen Sozialarbeiter. Begründet wurde dies mit u.a. den vielen Asylbewerbern und dass dieser sich um die Senioren kümmern könnte. Für die Senioren haben wir seit vielen Jahren eine gut funktionierende Seniorenberatung mit anderen Kommunen, so dass wir eine halbe Stelle hier im Haushalt finanzieren. Gemäß dem Altenhilfeplan des MTK ist genau diese eine halbe Stelle für die Anzahl unserer Senioren vorgesehen. Und für die Asylunterkünfte gibt es pro Unterkunft jeweils einen Sozialarbeiter, der über den Kreis finanziert wird. Also nur indirekt, da wir ja über die Kreis- und Schulumlage hier auch eine erhebliche Summe zahlen. Trotzdem sollte anstelle des bisherigen Modells mit Kelkheim, bei dem wir 16 TE bezahlen nun fortan jährlich 75 TE gezahlt werden.
Dies wäre noch halbwegs zu vermitteln, wenn wir besonders viele Probleme hätten. Doch weit gefehlt: in der Kriminalitätsstatistik des MTK tauchen wir regelmäßig auf dem letzten Platz auf. Andersrum: man könnte auch sagen: Liederbach ist relativ ruhig und sicher.
Leider haben die anderen Fraktionen unseren Antrag auf Einsparung dieser hochdotierten Stelle abgelehnt. Somit ab sofort weitere 75 TE, jedes Jahr, die finanziert werden müssen.
Beispiel 2: Für den Kindegarten Kinderkiste soll eine weitere Erzieherstelle geschaffen werden. Auf Nachfrage, wie hoch der Personalschlüssel dort ist, wurde mitgeteilt, dass das Gesetz – Mindestverordnung – eine personelle Ausstattung von 120% fordert, um Krankheits- und Urlaubsausfälle abzufedern. Wir haben dort aktuell 140%!! Also deutlich mehr, als es das Gesetz fordert. Trotzdem soll dort eine weitere Stelle geschaffen werden. Begründet u.a. mit der Aussage, dass viele Kinder über Mittag bleiben und zum Mittagessen 3 schwere Türen geöffnet werden müssen. Das ist noch nachvollziehbar. Warum dann aber eine komplette Ganztagsstelle S8b mir rund 54 TE Kosten geschaffen wird, ist nicht nachzuvollziehen. Erst recht, da es z.B. dieses Jahr eine Bewerbung eines Bufdis für ein freiwilliges soziales Jahr für den Kindergarten gab, der man auch auf Nachfrage leider nicht antwortete. Der Bewerber hat sich dann eine andere Stelle gesucht und wurde dort gerne genommen.
Wir haben daher beantragt, dass die Stelle gestrichen wird und Geld für eine Bufdi Stelle eingestellt wird. Leider wurde auch dieser Antrag von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Auch dieses Beispiel zeigt, wie man in Liederbach mit dem Geld umgeht. Es geht nicht darum Leistungen zu beschneiden, sondern neue, zusätzliche Ausgaben soweit möglich zu minimieren. Auch hier fallen zukünftig jedes Jahr rund 54 TE zusätzlich an, die erstmal erwirtschaftet werden müssen.
Nun war bei den Haushaltsberatungen nicht alles schlecht und wir konnten auch den einen oder anderen Antrag zur Verbesserung des Haushaltes durchbringen. Erwähnt sei hier z.B. die Einsparung beim Flutlicht im Sportpark. Die Bürgermeisterin hatte hier 100 TE einsetzen lassen. Auf der Messe hatte ich mich bereits ab Herbst – nach dem Antrag der CDU- zu diesem Thema kundig gemacht und ein Fachmann hat sich vor Ort die Anlage angesehen und diese auch mit einer Drohne beflogen. Die Bürgermeisterin schilderte, dass die Masten für das neue LED erneuert werden müssten. Dies konnte bei der Begehung so nicht bestätigt werden. Vielmehr sind die Masten in einem sehr guten Zustand und die neuen LED Leuchten deutlich leichter als die bisherigen Scheinwerfer. Somit kann man sich diese sparen. Gleichzeitig gibt es aktuell von mehreren Stellen hohe Fördergelder für den Austausch, so dass bei den letzten Projekten es am Schluss auf eine Nullsumme rauslief. Genau daher haben wir beantragt, die Summe auf 50 TE zu kürzen und diese mit Sperrvermerkt zu versehen. Gerne leite ich der Verwaltung den Kontakt weiter, sobald wir das Thema im Ausschuss haben.
Das eine ist also der Ergebnishaushalt, der ausgeglichen sein sollte und das andere ist der Investitionshaushalt, der soweit möglich ohne neue Schulden auskommen sollte.
Noch ein Wort zur Schuldentilgung. Viele von uns haben ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung. Die meisten müssen dafür einen Kredit aufnehmen. Das ist erstmal nichts Verwerfliches für eine langfristige Investition. Jedoch ist es normal, dass man bei diesem Kredit nicht nur die Zinsen bezahlt, sondern dass man diesen Betrag auch tilgt. Genau hier herrscht bei uns ein krasses Missverhältnis. Lag der Schuldenstand 2012 noch bei rund 2,2 Mio. Euro, so wurden damals 193 TE getilgt. Also fast 9%. Dieser Wert wurde in den Folgejahren immer weiter zurückgeführt, ob wohl die Schulden immer weiter stiegen. Nach der neuen Kreditaufnahme 2023 ist bei 8,9 Mio. Schulden eine Tilgung von nur noch rund 135 TE geplant, also gerade mal rund 1,5%. Als ich dieses Missverhältnis im HFA ansprach, wurde ich dafür sogar noch kritisiert.
Ich sage es ganz deutlich: wer eine solche Praxis für gut befindet, lebt schlichtweg auf Kosten seiner Kinder und Enkel, die die Schulden dann später mal abbezahlen müssen. Abgesehen davon, dass jeder Euro Schulden bei der nächsten Kreditprolongation mit deutlich höheren Zinsen bestraft wird, was dann die Handlungsfähigkeit immer weiter einschränkt. Ein solches Gebaren ist daher gegen jegliche Form des Generationenvertrages und genau deswegen kritisieren wir dies!
In der Konsequenz bedeutet dies nämlich nichts anderes, dass wir – wenn wir so weiter machen – und dazu die am Anfang prognostizierte Verdoppelung der Schulden eintreten sollte – wir bald nicht mehr alleine leistungsfähig sind. Und was dann kommt, kann sich jeder selbst ausdenken.
Wir zumindest wollen nicht der 53. Stadtteil von Frankfurt oder ein Ortsteil von Kelkheim oder Bad Soden werden, nur weil wir über Jahre hinweg zu viel investiert haben und irgendwann nicht mehr handlungsfähig sind. Für die FWG Fraktion stehen solide Finanzen an allererster Stelle und wir hoffen, dass auch unsere Koalition und die Bürgermeisterin schnell begreifen, dass ein „Weiter so“ nicht gehen.
Obwohl unsere Vertreter im HFA dem Haushalt erstmal zugestimmt haben, so hat sich nach Zusendung der überarbeiteten Haushaltsvorlage in der Fraktionssitzung gezeigt, dass viele von uns mit dem Zahlenwerk so nicht einverstanden sind. Und da wir keinen Fraktionszwang haben, werden wir heute auch nicht einheitlich abstimmen.
Für die FWG sind Haushalte immer dann zustimmungsfähig, wenn sie im ordentlichen Ergebnis ausgeglichen sind und ohne neue Schulden auskommen. Genau dies würden wir der Bürgermeisterin und der Koalition für zukünftige Haushalte empfehlen, damit Liederbach noch lange eigenständig handeln kann und weiterhin selbst entscheidet.
Gerne möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit bedanken, ebenso wie bei den Kolleginnen und Kollegen von Gemeindevertretung und Gemeindevorstand, die Ihre Freizeit dazu verwenden, um sich um unseren schönen Ort zu kümmern. Ihnen allen wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest, weiterhin gute Gesundheit und ein glückliches 2023.
Thomas Kandziorowsky – FWG-Fraktion (Es gilt das gesprochene Wort.)